Mit der Schuhschachtel sitz ich morgens im Bus. Treffpunkt 9:50 Uhr links vorm Schulgebäude. Und die Stadt arbeitet schon, die Straßen sind verhältnismäßig unbelebt, der Frühverkehr schon vorbei. Ich navigiere zur Adresse, die in der Email-Signatur angeführt war und sehe, dass die Schule derzeit renoviert wird. Schon von Lisi hab ich gehört, dass sie gestern schon auf einen Container ausgewichen sind, weil die Klassen teilweise richtige Baustellen sind. Der neue Eingang der Europaschule sieht jedoch neu und sympathisch aus. Der vermeintliche Hausmeister nickt mir durchs Fenster zu und ich warte am Vorplatz in der Sonne.

Wie später auch ein Schüler sein Daumenkino mit einer rotierenden Uhr zeichnet, vergeht die Zeit rasant. Und als niemand auftaucht, der mich abholt, spreche ich eine Lehrerin an, die soeben ihr Auto parkt. „Wer? Frau Schuster?“ Sie dreht sich zu einer anderen Person: „Kennst Du die?“ – „Achso! Huemerstraße!“ Und da klingelt auch schon mein Telefon. Die Pädagogische Hochschule arbeiten in mehreren Gebäuden. Natascha wartet auf mich in der Huemerstraße 3-5, wo sie mir auch schon entgegenlacht. Jetzt endlich macht die Beschreibung auch Sinn: Links am Parkplatz vor dem Gebäude. Auf in den fünften Stock!
Am Gang tobt schon unsere Klasse. Ein Tumult, der die Lehrerin laut werden lässt. Welch respektloser Empfang für einen Gast, der uns einen Workshop bringt. Es beruhigt sich rasch und die Bühne gehört mir. Die Schüler:innen sind auf Zack. Ich gebe die 35mm- Filmrolle durch und rolle sie zum ersten Mal zur Gänze ab. Wir müssen den Streifen zickzack durch die Menge weiterziehen. Sie sehen die Kader, erkennen den Zusammenhang. Vergleichen mit dem digitalen Projekor an der Decke. Das Bilder-Quiz lässt viele Hände hochschnellen und wir bauen Brücken zwischen Präsidenten und Kriegen, Energie und Kraftwerken, Häusern und Werten, wie Familie und Klimaschutz. Wir verstehen uns.


Auch als es los geht und die Daumenkino-Rohlinge verteilt werden, sind alle bei der Sache. Denn die Beispiele und die schnellen Einführung unter der Live-Kamera waren schon lange genug. Es soll probiert und skizziert werden. Und natürlich verlaufen sich einige Ideen im grafischen Experiment oder der naheliegenden Blume oder dem altbekannten Ball aus der Demonstration. Ich versuche immer wieder, den Fokus zurück zum Thema zu bringen. „Toll, dass dein Auto den Berg rauf fährt! Aber wieso macht es das? Ist das in der Zukunft so?“ Auch Assistenzlehrerinnen sind im Raum und betreuen gewissen Schüler.
Der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund ist sehr hoch. Ich begegne wunderschönen Vornamen, dessen Aussprache mir die Schüler:innen bei der Ton-Aufnahme erst erklären müssen. „Face to Face“ entwickeln sich gute, aber leider kurze Gespräche. Man kann besser nachhaken, Gedankengänge anstoßen oder komplementieren. Die Wünsche für die Zukunft sind oft herrlich bescheiden, manchmal quirlig und spaßig. Und als die Zeit verstreicht und sich dem Ende neigt, hilft mir Natascha nochmal, die Bande auf den Boden zu holen. Ich bedanke mir für ihr Engagement und ihre wertvollen Ideen. Erkläre ihnen, dass sie als kommende Generation an Erwachsenen die Zukunft gestalten können und lade sie zur Präsentaiton am NextComic ein. Und Tschüss! Die Pause ruft.
Auf der Straße vor der Schule rufen noch einige meinen Namen und verabschieden sich. Und einer der Schüler begleitet mich ein Stück. Er wird kommen zu dem Comic Dings: „Wo wird das nochmal sein?“ Und erklär ihm kurzerhand den Weg. „Ja im März, das dauert noch ein bisschen.“ Und er erklärt mir Gegenzug, dass er sich freut und sicher kommen wird. Aber muss er abbiegen,zum Billa und dann zum Döner. Wir haben ja leicht überzogen, jetzt dauert die Mittagspause fünf Minuten länger.
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